"Vollmond ist. Ich fahre durch die Nacht.
Hinter mir fährt seit einiger Zeit ein Auto. Fünf Jahre stand ich in einer Box in einem großen Stall. Nie hatte ich frische Luft. Ich gehöre zu den 95 Prozent der Kühe, die ihr Leben im Stall
verbrachten. Nicht zu den fünf Prozent, die auch mal auf eine Wiese durften.
Vier Kinder habe ich geboren. Neun Monate habe ich sie ausgetragen. Nach der Geburt wurden sie mir noch am gleichen Tag weggenommen. Warum habe ich sie auf die Welt gebracht?
Mein Weinen und Wimmern und das meiner Kinder sieht und hört niemand. Viel Milch wurde von mir genommen, bis zu 50 Liter am Tag. Mein Euter schmerzte. 20 Jahre könnte ich alt werden. Ich werde
nur fünf Jahre. Der Grund dafür ist, meine Milchleistung lässt nach.
Ich werde den Tod meiner Artgenossen hören, sehen und riechen. Zehn Prozent wachen nach der Betäubung auf und spüren wie sie an einem Bein hochgezogen werden. Die Kehle wird dann
aufgeschlitzt.
Ich fahre nach einem traurigen Leben meinem Tod entgegen. Die Frau hinter mir überholt. Wir schauen uns in die Augen.Sie wird gleich bitterlich weinen.
Ich kann es nicht mehr.
Vollmond ist.“